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Die Bilder waren entwickelt und ich machte mir meine Gedanken, wie ich den Bericht aufbauen sollte, denn es ist mir wichtig, dass er zusammen mit den Bildern eine Einheit ergibt.
Wie gesagt, die Bilder hatte ich, als nächstes brauchte ich eine Liste, in welcher Reihenfolge wir was erlebt haben, und das Erstellen dieser Liste ist die Aufgabe von Karin, sie macht sich während des Lehrganges Notizen.
Was ich von ihr zusätzlich bekam war ein Hinweis auf einen Bericht, der ihrer Meinung nach als Quellenmaterial gut geeignet sei.
Das war die Untertreibung des Jahres!
Ich fand den Bericht so erfrischend anders, lebendig und fachlich fundiert geschrieben, in einer Sprache, die Kopfkino entstehen lässt, dass meine Motivation etwas neues zu schreiben eine heftige Delle erlitt.
Als ich ihn durchlas und dabei meine Bilder sah, passte alles zusammen.
So bat ich Karin mit der Autorin Kontakt aufzunehmen und sie zu fragen, ob wir den Bericht auf unserer Seite veröffentlichen dürfen.
Wir dürfen, ein aufrichtiges Dankeschön dafür!
Der nachfolgende Bericht stammt aus der Feder von Susanne Häbe vom Dôjô “Karate-Do in der SV Böblingen”.
Oss!
Günther
Die Bezeichnung „12-Stunden-Training“ hat mich neugierig gemacht….sosehr, dass die Anmeldung schneller fortgeschickt war, als dass mein Verstand erfassen konnte, auf was ich mich da eingelassen habe. Aber Zusage ist Zusage….und so rappelte am Samstag Morgen im Oktober des Jahre 2014 um 4:30 h mein Wecker ! Schnell noch einen schwarzen Tee gekocht und kaltes Wasser ins Gesicht und wenig später ging es dann auch schon los.
Begleitet vom Mond fahre ich nach Calw….die Welt schläft noch, der Nebel liegt in dicken Schwaden über Straßen, Wiesen und Feldern….wenngleich von der Dunkelheit verschluckt…!
Pünktlich stehe ich dann im Dojo. Ein großes Dojo-Schild „JKA Calw“
lässt sich vor dem Dojo trotz Dunkelheit erkennen.
(Das Bild zeigt nicht Susanne, sondern Karin)
Es brennt schon Licht….und erwartungsvolle, motivierte Karateka aller Altersklassen haben sich bereits im Vorraum versammelt. Rein in den Dogi….einmal noch recken und strecken….erste Gespräche….und die beruhigende Gewissheit, dass an diesem Tag sicher keiner an Unterernährung leiden wird.
Wie im Vorfeld von der Dojoleitung versprochen war bereits in diesen frühen Morgenstunden ein reichhaltiges Frühstücksbuffet aufgebaut….
Selbstredend wollen wir uns diese jedoch erst mal ordentlich verdienen und so standen wir wach und stramm in der Reihe zum Angruß – auf die Sekunde genau morgens um 06:00 Uhr !
Nach einer kurzen Wachmachgymnastik stiegen wir auch schon in die von uns so geliebte Welt des Karate ein…Basisarbeit sollte den Schwerpunkt legen….Grundprinzipien von Technik und Bewegung, Körperrotation, Kraftübertragung, Kime-Punkt,……und dabei immer locker bleiben…!
Hans hat uns auch sehr schön die Bedeutung der Körpermitte, das Hara, erklärt….es ist wie im Leben: ohne unsere Mitte haben wir
keinen festen Stand…nicht im Karate und auch nicht im Leben ! Eigentlich ganz einfach und verständlich, oder ?!
Nach einer kurzen Pause wurden wir dann von Andreas in die Welt der Shaolin Kata eingeführt. Hier stehen die Tiere der alten chinesischen Kampfkünste im Vordergrund. In diesem Jahr widmeten wir uns der Kata des Drachen….in zwei Versionen durften wir dabei in die Welt des Drachen eintauchen:
einmal mit dem Geist und Verständnis von Tai Chi: langsame, vom Atem geführten Bewegungen, Meditation in der Bewegung, unter anderem geprägt durch Wiederholung ein und derselben Technik.
Sehr interessant war dann der Brückenschlag zu unserem Shotokan-Karate: dieselbe Kata wurde nun schnell und kraftvoll, mit Kime-Punkt und angepasster Atmung als auch mit dem Verständnis der einen finalen Technik ausgeführt…!
Danach haben wir uns das Frühstück verdient und es fehlte an nichts….ein wahres Sonntagsfrühstück erstklassiger Güte!
In der darauffolgenden Einheit sollten wir in die Grundlagen des Kobudo eingeführt werden. Dabei war doch manch Einem anzusehen, dass der Umgang mit dem Bo völliges Neuland war….meine Wenigkeit eingeschlossen…!
Recht schnell hatten letztlich alle Teilnehmer den richtigen Dreh raus und am Ende der Einheit waren wir in der Lage, eine 2-sequenzige Kumite-Form mit Partner flüssig auszuführen. Die Lust auf „mehr“ hat Andreas auf alle Fälle gekonnt geweckt !
Für mich persönlich war es doch sehr interessant, zu erleben, wie sich ein Kampf mit Waffen anfühlt und was dies alleine schon auf rein geistiger Ebene bei Einem auslöst…!
Statt der „leeren“ Hand hielten wir nun den Bo in der Hand und lernten erst mal, wie dieser überhaupt korrekt zu halten ist und wie man damit den Angruß ausführt. Andreas Geduld kannte hierbei keine Grenzen.
Kobudo war einst ein fester Bestandteil des Okinawa Te und so ist es doch für alle interessierten Karateka fast schon ein muß sich auch mal mit dieser Kunst auseinander zu setzen. Natürlich stellte die Einheit von Andreas hierfür nur einen allerersten Einblick dar, um überhaupt erstmal eine Idee davon zu bekommen, wie man mit Waffen kämpft.
Dabei war es aber durchaus eine Hilfe, das Verständnis von Angriffs- und Abwehrstufen und deren Ausführungen aus Karate-Sicht her bereits zu kennen.
Sabine entführte uns daraufhin in die Welt des Yoga. Als Ergänzung zu einem ganzheitlichen Karate ist Yoga bestens geeignet, und so war es naheliegend, eine Einheit aus dem Yoga in das 12-Stunden Training mit aufzunehmen, um auch hier unseren Blick für das Gesamte, was Kampfkunst ausmacht, zu schärfen.
Geht es doch auch beim Yoga sehr um die Erfahrung mit dem eigenen Körper, mit dem eigenen Selbst, wir lernen auch hier über Wahrnehmung, über Atmung und beanspruchen zudem genau die Muskelgruppen, welche auch für gute Karate-Techniken so sehr von Nöten sind.
Nicht zu vergessen die Verbesserung der Beweglichkeit durch das gezielte langsame Hineingehen in Körperpositionen, die unsere Bänder und Sehnen dehnen und damit beweglich und geschmeidig machen.
Nach einer weiteren Karate-Einheit, in welcher wir uns nochmals sehr bewusst mit der Koordination und Körperkontrolle vor allem in der langsamen aber sehr bewussten Ausführung von Techniken beschäftigt haben, freuten wir uns auf die Mittagspause.
In gut schwäbischer Manier gab es Maultaschen mit Kartoffelsalat und allerlei Rohkost für den ernährungsbewusten und gesunden Sportler.
Nach der Mittagspause stand dann Kumite-Training auf dem Programm. Langsam beginnend mit den grundlegenden Basis-Partnerübungen steigerten wir uns hin zum bewegungsreichen und technisch vielfältigen „Zweikampf“ ….selbstverständlich mit ständigem Partnertausch, so dass unsere Aufmerksamkeit und Konzentration ständig gefordert war und sich kein allgemeingültiges Muster entwickeln konnte…..Flexibilität ist auch hierbei Alles….!
Die Vorletzte Einheit war für Einige komplettes Neuland. Meditation. Man muss nicht extra erwähnen, dass auch dies ein fester Bestandteil eines fortgeschrittenen Karateka sein sollte. Lernt man doch über die stille Auseinandersetzung mit sich und seinen Gedanken, einen klaren Geist zu erlangen….eine zwingende Voraussetzung für einen gut geführten Kampf.
Und so machten wir es uns-mehr oder weniger- bequem…..
natürlich möglichst aufrecht sitzend und unnötige Bewegungen vermeidend ! ....nun… wem sollte man es verübeln….auch sitzend gelang es dem ein- oder anderen dabei kurz einzuschlafen….doch Hans verhalf natürlich liebevoll mit einer leichten und doch nachhaltig ermahnenden Berührung auf den Schultern dazu, sich doch wieder den stillen Gedanken zu widmen.
Nach einer ganzen Weile kehrten wir langsam wieder zurück in unsere Umgebung, welche durch Unterhaltungen und einem ersten Erfahrungsaustausch dieser Stille-Übung wieder lebendig wurde.
Fast sollten wir es tatsächlich geschafft haben,….wenn,….ja wenn da nicht noch das abschließende Zirkeltraining auf uns gewartet hätte. Zig Stationen wurden in Windeseile aufgebaut und natürlich hatten alle ganz direkt oder auch mal indirekt etwas mit Karate zu tun. Seilspringen, Fußtritte in allen Variationen, Zuki am Makiwara, Klimmzüge, Armtechniken mit dem Theraband…..alle kamen auf ihre Kosten.
Die Dogi´s, welche von den vorangegangenen 11 Stunden eh schon kräftig angeschwitzt waren, erreichten schweißtechnisch gesehen in dieser letzten Einheit ihren Höhepunkt.
Müde aber glücklich und auch ein wenig stolz auf unser Durchhaltevermögen reihten wir uns am Abend zum Abgruß auf…. Wann genau ?
Selbstredend auf die Sekunde genau um 18:00 h !
(Link zum Bild mit hoher Auflösung)
Disziplin ist alles !!!
Susanne Häbe.